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Gedanken zum Social Web mit B2B-Fokus

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Kurz, mittel, lang – Die Lebensdauer von Nachrichten im Social Web

„In der Informationsflut geht mein Beitrag unter“. Oder: „Die Timeline [bei Twitter der Beitragsfluss] schiebt meinen Eintrag schneller nach unten als ich bis drei zählen kann“. Das ist bedingt richtig. Und es trifft dann zu, wenn der Beitrag von den Communities – also von den Nutzern meiner verwendeten Plattform – nicht als relevant eingestuft wird. Solche „Neuigkeiten“ werden schlicht überlesen.

Im Social Web scannen Leser mit einer unglaublichen Geschwindigkeit Inhalte. Das geht so: uninteressant, kenne ich, uninteressant, hoppla – das klingt gut, das lese ich, langweilig, kenne ich, oh spannend, muss ich weiterleiten, fade, schon wieder das…

Achtung: Ihr Netzwerk registriert – willentlich oder unwillentlich – wer Interessantes und wer Uninteressantes postet. Kontrollieren Sie Ihre Einstellungen in den Netzwerken. Sie bestimmen, was Ihr Netzwerk erfährt. Wollen Sie alle Statusmeldungen streuen? Oder wollen Sie fokussieren? Das betrifft im beruflichen Umfeld Plattformen wie Xing oder LinkedIn. Viele benutzen diese Kanäle zum Netzwerkaufbau und sammeln dort bereits existierende Kontakte. Später können die Kanäle selbst zum Aufbau der eigenen Reputation genutzt werden. So kommen über den Kanal und das eigene Engagement dort plötzlich neue Kontakte hinzu – Menschen, mit denen man noch gar nicht selbst in einem persönlichen Kontakt stand. Das funktioniert beispielsweise durch ein aussagekräftiges Profil oder durch aussagekräftige Meldungen.

Google+ ist dafür momentan ein wahres Füllhorn zum Kennenlernen von Menschen mit gleichen Faibles und Interessen. Jeder kann Teil einer Interessensgruppe werden, indem er sich einfach den entsprechenden Kreisen (Circles) anschließt.

Ein Mehrwert stiftender oder richtig interessanter Beitrag wird geteilt, weitergeleitet, gemocht, geplust und im besten Fall kommentiert oder diskutiert. Und zwar genau von den Nutzern, die ich inhaltlich erreichen wollte. Volltreffer: ich habe die gewünschte Aufmerksamkeit in meiner Zielgruppe. Mit etwas Glück überwindet der Beitrag Plattformgrenzen. Der ursprünglich geteilte Link auf Google+ kann plötzlich auf Facebook oder Twitter wieder auftauchen. Und wer sich an die Netiquette hält, erwähnt die Quelle oder den Autor.

Damit wird die Dynamik der Social-Media-Kanäle deutlich. Grenzen verschwinden. Das gilt auch für die Lebensdauer von Nachrichten. Auf der Zeitachse gibt es je nach Plattform unterschiedliche Effekte:

Kurzzeit-Effekt (Twitter)

Über Mikroblogging-Plattformen können Informationen gestreut werden. Der Verbreitungsgrad kann sehr hoch sein, vorausgesetzt ich habe viele „Follower“ und darunter auch noch die richtigen „Influencer“, das sind Nutzer mit einem großen Netzwerk. Sie sind wichtige Multiplikatoren im Social Web. Wer die „Influencer“ aus seinem Themengebiet auf seiner Seite hat, erweitert automatisch seine Reichweite. Beiträge rutschen sehr schnell nach unten und sind schon nach wenigen Stunden im Nirwana verschwunden. Ein Tweet (Twitter-Beitrag) kann durchaus wiederholt werden – das macht dann schon zwei Kurzzeiteffekte…

Mittelfristiger Effekt (Facebook, Google+, Xing, LinkedIn, Blogs)

Nachrichten auf den Kommunikationsplattformen haben eine längere Verfallszeit. Auch hier wirken die gleichen Mechanismen wie oben. Ein „Post“ wird wieder nach oben gespült, sobald eine Reaktion von einem Nutzer darauf erfolgt. Kommentare haben eine besonders starke Wirkung. Direkt nach der Veröffentlichung schnellt die Aufmerksamkeit nach oben. Dann flacht sie ab. Sobald jemand „gefällt mir“ anklickt, rückt der Eintrag wieder ins Blickfeld. Häufig kommt es zu kuriosen Effekten, wenn ein längst vergessener Eintrag wieder ganz oben erscheint.

Langzeit-Effekt (Slideshare, YouTube, Flickr)

„Das Web vergisst nichts“ – ich sehe eine Karikatur von Wilhelm Busch vor mir: Lehrer Lämpel mit erhobenen Zeigefinger vor dem unbedarften Web-Nutzer. Tatsächlich können einmal ins Netz gestellte Nachrichten immer wieder auftauchen. Sehr zum Leidwesen von Opfern eines „Shitstorms“. Im Netz kursieren etliche legendäre „Fails“, das sind Beiträge, die „nach hinten losgegangen“ sind. Die verbreiten sich rasend schnell, entwickeln eine ungeheure Viralität. Das führte bei einigen Unternehmen zu massiven Umsatzeinbußen, enormen Reputationsverlust und sogar zu Einbrüchen an der Börse.

Der Homo Digitalis straft schlechtes Verhalten gnadenlos ab: dazu gehört mieser Kundenservice. Im Fall vom Computerhersteller Dell war der Effekt eklatant. Der schlecht behandelte Käufer beschwerte sich in Foren. Die Börsennotierung von Dell ging dann bald nach unten. Heute gehört Dell zu den Vorzeige-Unternehmen im Social Web. Das Unternehmen hat seine Chance wahrgenommen.

Über die digitale Reaktion auf mangelnden Kundenservice kann auch die United Airlines ein Lied singen. Über 11 Millionen Aufrufe hatte dieser unzufriedene Kunde der United Airlines:

http://www.youtube.com/watch?v=5YGc4zOqozo

Aufruf zu Fair Trade – Solidar Suisse hat mit einem George-Clooney-Double den Nespresso-Werbespot parodiert:

http://www.youtube.com/watch?v=GhzHRuhzPSE

Bei solchen Videos greift der von Anderson beschriebene „Long-Tail-Effekt“. Sie sind selbst nach Jahren noch auffindbar und werden immer mal wieder angeklickt. Das betrifft natürlich auch andere Inhalte. Die Sichtbarkeit von manchen eingestellten Inhalten hält sich teilweise auf einem niedrigen aber kontinuierlichem Niveau.

Deutlich wird bei diesen beiden Videos, dass im Netz vor allem clevere oder lustige Posts anerkannt werden. Hier geht es jeweils um intelligent dargestellte Kritik. Das Verhältnis von positiven zu negativen Beiträgen im Netz ist ungefähr 80:20. Das Social Web ist gar nicht so böse wie man glauben könnte. Natürlich gibt es Trolle [Provokateure], ewige Nörgler und Mobbing – diese Auswüchse sind nicht zu beschönigen.

Heißt das im Umkehrschluss das Social Web sei gut?

Richtig oder falsch: Die Plattformwahl.

Sie ahnen es schon – mit nur einer Plattform ist es nicht getan. Am Anfang probiert man ein Netzwerk aus. Häufig ist das Facebook, beruflich ist das Xing oder LinkedIn. Das fängt an richtig Spaß zu machen, wenn dort ein kleines Netzwerk entstanden ist. Spätestens dann lohnt es sich, einen aufmerksamen Blick auf die Möglichkeiten des jeweiligen Kanals zu werfen. Rund 90% der Anwender nutzen ihre Plattform nur zu 5%. Das ist als würde ich mit meinem Ferrari ständig nur 50 km/h fahren. Das geht, das macht auch was her, ist aber schade.

Bevor Sie also souverän Google+, Facebook, LinkedIn, Slideshare, Twitter und Xing synchron bedienen, lohnt es sich unbedingt auszuloten, welches Potential ein Kanal birgt. Einiges lernt man durchs Ausprobieren, anderes von Freunden und Kollegen. Wenn es richtig professionell werden soll, muss eine Schulung her von einem anerkannten Experten.

Als Privatperson finde ich meine Plattform ganz einfach. Ich gehe dahin, wo sich meine Freunde, Verwandten, Sportkameraden tummeln.

Und was macht ein Unternehmen? Es geht dorthin, wo seine Zielgruppe ist. Hilfreich sind Antworten auf folgende Fragen:

  • Wo ist die Konkurrenz aktiv?
  • Welche Kanäle benutzen die eigenen Mitarbeiter?
  • Auf welchen Plattformen sind Inhalte des eigenen Unternehmens?
  • Wo sucht Ihre Zielgruppe nach Ihnen?

Natürlich können die Zielgruppen auch direkt gefragt werden.

Inpromo bietet eine schöne allererste Entscheidungshilfe mit dem Social Media Planner – http://www.socialmediaplanner.de/. Hier geben Sie einfach 3 Parameter ein und das Wirrwarr der unzähligen Kanäle lichtet sich innerhalb von Sekunden:

Wer es professionell haben will, beauftragt ein Monitoring-Unternehmen. Das erarbeitet zusammen mit dem Kunden eine solide Grundlage für eine systematische erste Recherche im Web. So eine „Null-Messung“ ist ein solides Fundament, um ein eigenes Social-Media-Konzept zu entwickeln.

Später dann, wenn man richtig aktiv ist, spielt Social Media Monitoring eine wichtige Rolle. Damit werden alle Beiträge und Dialoge in Diskussionsforen, Weblogs, Mikro-Blogging-Plattformen und Social Communitys systematisch beobachtet. Auch hier ist das Angebot an entsprechenden Software-Tools immens.  Auf diesem Wiki ist eine hervorragende Übersicht mit Angabe, ob es sich um ein kostenloses oder bezahltes Tool handelt.

http://wiki.kenburbary.com/social-meda-monitoring-wiki

In der Regel wird es immer einen Mix aus mehreren Plattformen geben. Sie entwickeln jeweils eine unterschiedliche Dynamik. Dazu mehr im nächsten Artikel.